Guatemala: "Weiter Weg zum Frieden"

San José. Überschattet von Protesten und Kritik hat Guatemala am Freitag den zehnten Jahrestag der Friedensverträge gefeiert. Das Oberhaupt der Katholiken Guatemalas, Erzbischof Rodolfo Quezada, hat in einer Messe dazu aufgerufen, die "großen sozialen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Differenzen" des mittelamerikanischen Landes zu überwinden. Der Erzbischof erinnerte daran, dass die Ursachen, die Guatemala einst in den Bürgerkrieg gestürzt hatten, immer noch nicht behoben seien. Der Bürgerkrieg war am 29. Dezember 1996, nach jahrelanger Vermittlungsarbeit von Quezada und den Vereinten Nationen, mit der Unterzeichnung der Friedensverträge beendet worden. Er hatte 36 Jahre gedauert und 200 000 Todesopfer gefordert, die meisten von ihnen unter der indigenen Bevölkerungsgruppe. Hauptverantwortlicher war laut einem UNO-Bericht von 1999 die Armee des Landes.

Die internationale Gemeinschaft hat in einer gemeinsamen Pressemitteilung am Freitag die Fortschritte Guatemalas hin zu Demokratie und Rechtsstaat gewürdigt. "Es bleibt aber noch ein weiter Weg zurückzulegen, um die Erwartungen der Bevölkerung zu erfüllen", warnte die "Gruppe des Dialogs", die die internationale Hilfe für den Friedensprozess in Guatemala koordiniert. Das internationale Gremium, dem auch Deutschland angehört, forderte Guatemala dazu auf, gegen die herrschende Straflosigkeit und die Kriminalität vorgehen. Damit spielten die internationalen Geldgeber auf die seit Jahren steigende Mordrate in dem mittelamerikanischen Land hin. Im Tagesdurchschnitt werden in Guatemala heute 15 Menschen ermordet, darunter zunehmend Minderjährige und Frauen. 97 Prozent der Morde bleiben ungeklärt.

Die Jubiläumsansprache des guatemaltekischen Präsidenten Oscar Berger wurde durch eine Gruppe Jugendlicher gestört. Mit Parolen wie "Mörderarmee" und "mit Hunger gibt es keinen Frieden" hinderten die Demonstranten den Staatschef vorübergehend am Reden. Guatemala gehört neben Nicaragua und Haiti zu den ärmsten Ländern Lateinamerikas. 60 Prozent der Bevölkerung sind laut offizieller Statistik arm. In den von Indigenen bewohnten Gebieten sind bis zu drei Viertel der Bevölkerung chronisch unterernährt.

Nicht an den Friedensfeiern am Freitag teilgenommen haben zwei wichtige Unterzeichner der Friedensverträge von 1996, nämlich der damalige Staatspräsident Álvaro Arzú sowie die frühere Guerilla. Zur Begründung gab die mittlerweile als politische Partei tätige "Revolutionäre Nationale Einheit Guatemalas" (URNG) die "sehr begrenzten Fortschritte seit dem Waffenstillstand vor zehn Jahren" an. Mit ähnlicher Begründung boykottierte auch die vor allem aus Indigenen zusammengesetzte Bauernvereinigung Guatemalas die Feiern. "Es gibt nichts zu feiern", sagte deren Dirigent zu den lokalen Medien.