Haiti: Hungernde versuchen Präsidentenpalast zu stürmen

Mexiko-Stadt / Port-au-Prince / New York. Über hohe Lebensmittelpreise aufgebrachte Menschen haben in Haiti am Dienstag (Ortszeit) versucht, den Präsidentenpalast in der Hauptstadt Port au Prince zu stürmen. Wie die lokalen Medien berichteten, richtete sich der Zorn der Demonstranten sowohl gegen Präsident René Préval als auch gegen die in Haiti stationierten UN-Friedenstruppen. Letztere setzten Gummigeschosse und Tränengas ein, um den Präsidentensitz zu verteidigen. Mehrere Menschen wurden verletzt.

In der gesamten Hauptstadt brachten die seit Tagen anhaltenden Hungerproteste das öffentliche Leben zum Erliegen. Radiosender berichteten von Barrikaden, brennenden Fahrzeugen, eingeschlagenen Schaufenstern und Plünderungen von Geschäften.

Der UN-Sicherheitsrat bedauerte am Dienstag in einer Erklärung in New York die neue Gewaltwelle in Haiti. Zudem verurteilte er die Angriffe in den vergangenen Tagen auf die dort stationierten UN-Friedenstruppen. Der Chef der UN-Mission, Hedi Annabi, warnte am Dienstag vor einem "extrem brüchigen" Fortschritt in der Stabilisierung Haitis. Dieser drohe bei einer Verschärfung der wirtschaftlichen Lage zunichte gemacht zu werden.

Die Proteste gegen die drastisch gestiegenen Lebensmittelpreise brachen in Haiti vergangene Woche in der südlichen Stadt Les Cayes los und haben sich seither übers ganze Land ausgebreitet. Dabei sind am vergangenen Freitag und Montag insgesamt fünf Menschen umgekommen. Zahlreiche weitere wurden verletzt.

Das Welternährungsprogramm der UNO hatte am Tag zuvor (am Montag) erneut zu Spenden aufgerufen, um die notwendige Lebensmittelsoforthilfe für Haiti bereitzustellen.

Haitis Präsident Préval hat sich zu den Unruhen bisher nicht öffentlich geäußert, rief aber am Dienstag zu einer Krisensitzung der Regierung ein. Pressekommentatoren in Haiti forderten am Dienstag eine entschiedene Stellungnahme vom Präsidenten.

Préval wurde vor zwei Jahren gewählt und galt als Hoffnung für die Demokratisierung Haitis. Der Staat ist nach einer jahrzehntelangen Geschichte von Putschen und Militärregierungen der ärmste des amerikanischen Kontinents. Die Prokopf-Wirtschaftsleistung beträgt 1900 US-Dollar jährlich. 80 Prozent der 8,7 Millionen Einwohner Haitis sind arm.

Für die öffentliche Sicherheit auf Haiti sorgen derzeit rund 9000 UN-Blauhelme, die allem aus Brasilien stammen. Die UN-Friedensmission begann 2004, nach dem Sturz des damaligen Präsidenten Jean-Bertrand Aristide.