Haitis Premier Alexis stürzt über Hungerproteste

Veröffentlichte Fassung: NZZaS (13.4., pdf)

Präsident Préval kündigt Lebensmittelsubventionen an

Mexiko Stadt. In Haiti ist Premierminister Jacques-Edouard Alexis über die gewalttätigen Hungerproteste der vergangenen Woche gestürzt. 16 oppositionelle Senatoren erklärten Alexis am Samstag in einer Motion für abgesetzt. In einem zuvor verbreiteten öffentlichen Brief an Alexis warfen sie der Regierung Untätigkeit angesichts der gestiegenen Lebensmittelpreise auf der Karibikinsel vor.

Die regierungsfreundliche Minderheit in Haitis zweiter Kammer kritisiete das Vorgehen der Opposition zuvor als verfassungswidrig und boykottierte die Abstimmung. So waren nur 17 der insgesamt 27 Senatoren Haitis zu der Sondersitzung am Samstag erschienen.

Haitis Präsident René Preval hatte sich bisher einem Rücktritt seines Premiers Alexis widersetzt. Kurz vor der Abstimmung des Senats kündigte er jedoch an, dessen Entscheidung zu akzeptieren. Zugleich kündigte der Präsident am Samstag Preissenkungen um 15 Prozent für das Grundnahrungsmittel Reis an. Finanziert werden die Subventionen mit Hilfe des Auslands und Beiträgen von privaten Unternehmern. Zudem bekräftigte der Präsident und Agrarökonom sein früheres Ziel, die einheimische Landwirtschaft zu stärken. Dazu erbat Preval auch Hilfe aus Venezuela.

Haiti ist mit seinen 8,7 Millionen Einwohnern das ärmste Land Amerikas. Vor zehn Tagen brachen auf der Karibikinsel gewalttätige Proteste los, nachdem die Preise für Reis, Bohnen, Früchte und Milch um rund 50 Prozent gestiegen waren. Die Krawalle forderten bisher fünf Menschenleben und Dutzende von Verletzten. Zahlreiche Geschäfte und Regierungseinrichtungen wurden geplündert. Seit Donnerstag herrscht laut Radioberichten gespannte Ruhe.

Die regierende Partei von Präsident Preval macht Anhänger des 2004 gestürzten Präsidenten Jean-Bertrand Aristide für die Ausschreitungen verantwortlich. Sie wirft der Opposition vor, die vor zwei Jahren mit der Wahl Prevals eingeleitete Demokratisierung Haitis zu gefährden. In diese Richtung zielte auch die jüngste Erklärung des Chefs der UNO-Mission in Haiti, Hedi Annabi. Er sprach vor einem "extrem brüchigen" Fortschritt in der Stabilisierung Haitis. Dieser drohe bei einer Verschärfung der wirtschaftlichen Lage zunichte gemacht zu werden.